Kiel – Rund 33 Prozent der älteren Menschen in Schleswig-Holstein fühlen sich einsam. Das Einsamkeitsgefühl der Betroffenen ist dabei eng mit fehlender sozialer Unterstützung sowie Depression verbunden. Das zeigen die Ergebnisse der vom Sozialministerium beauftragten Studie des Instituts für Allgemeinmedizin der Universität zu Lübeck zum Thema Einsamkeit im Alter. Sozialministerin Aminata Touré will in einem ersten Schritt die Mehrgenerationenhäuser im Land stärken und eine Wissenscloud für gute Praxis und Netzwerkarbeit aufbauen.
„Die wissenschaftliche Studie bestätigt erstmals ein verbreitetes Grundgefühl: Auch in Schleswig-Holstein leiden viele ältere Menschen unter Einsamkeit. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Fehlende soziale Kontakte spielen eine Rolle, aber auch eine eingeschränkte Mobilität oder die Abgeschnittenheit von digitalen Welten. Hier müssen wir als Politik und Gesellschaft gleichzeitig auf vielen Themenfeldern ansetzen“, so Sozialministerin Aminata Touré: „Die Studie zeigt auch, das es bereits viele gute Initiativen zur Teilhabe älterer Menschen im Land gibt. Gemeinsam sollten wir alles dafür tun, sie noch bekannter und besser nutzbar zu machen. Die bestehenden Strukturen wollen wir ausbauen und in einem ersten Schritt beispielsweise die Mehrgenerationenhäuser im Land finanziell stärken, damit sie noch mehr Menschen erreichen können. Gleichzeitig wollen wir im Zuge unserer neuen Engagementstrategie weitere Maßnahmen entwickeln, um Einsamkeit im Alter wirklich allumfassend zu begegnen.“
Die in der qualitativen Studie befragten älteren Menschen gaben an, dass insbesondere der Verlust von sozialen Beziehungen, soziale Isolation, gesundheitliche Einschränkungen, fehlende finanzielle Mittel sowie strukturelle Defizite im Alltagsleben ursächlich für ihr Einsamkeitsgefühl sein. Besonders die Angst vor Zurückweisung, gesundheitliche Einschränkungen, fehlende finanzielle Mittel oder geringe digitale Kompetenz erschwerten die Bewältigung von Einsamkeit.
Die Daten wurden von April 2024 bis März 2025 erhoben, um Maßnahmen gegen Einsamkeit empfehlen zu können. Zentral war die Durchführung einer Querschnittsstudie mit rund 8.000 Teilnehmern, die mittels etablierter Instrumente Einsamkeit, Lebensqualität und mentale Gesundheit erfasste. Zudem wurden qualitative Interviews mit betroffenen älteren Personen (n= 27) sowie Mitarbeitern von Wohlfahrtsverbänden und der Seniorenarbeit (n= 28) durchgeführt.
„Das Thema Einsamkeit muss aus der Tabuzone geholt werden. Maßnahmen gegen Einsamkeit müssen unabhängig vom Geldbeutel erreichbar sein“, resümierte Professorin Katja Götz.
Professor Jost Steinhäuser ergänzte: „Um die besonders von Einsamkeit betroffenen Personen, die jedoch noch keinen Zugang zu Angeboten haben, besser zu erreichen, bedarf es einer Schulung wohnortnaher Engagierter. Eine solche Schulung sollte den Blick für Einsamkeit schärfen, sowie Material an die Hand geben um Ressourcen stärken- und Motivation steigern zu können.“
Die Studie empfiehlt unter anderem, Multiplikatoren in Schleswig-Holstein, wie Mehrgenerationenhäuser, Dorfkümmerer und das Landesnetzwerk seniorTrainer weiter auszubauen. Darüber hinaus müssten die Angebote online und im Alltag sichtbarer gemacht werden.
Das Land plant nun in einem ersten Schritt, die Mehrgenerationenhäuser mit zunächst zusätzlich 50.000 Euro zu fördern, um bestehende erfolgreiche Projekte auszubauen, bedarfsgerechte Angebote zu entwickeln, Kapazitäten zu erhöhen und zielgruppenspezifische Beratung anzubieten. Die Mehrgenerationenhäuser werden seit 2017 über ein Bundesprogramm mit 40.000 Euro pro Jahr und Einrichtung durch den Bund und anteilig mit 10.000 Euro durch die Kommunen gefördert. Es gibt derzeit 13 Mehrgenerartionenhäuser in Schleswig-Holstein. Im letzten Jahr nutzten rund 1000 Personen am Tag deren über 600 Angebote im Land.
Darüber hinaus soll eine Wissenscloud zum Thema Einsamkeit ins Leben zu gerufen werden. Hier soll grundlegendes Wissen über Einsamkeit gesammelt und zugänglich gemacht werden um zu de-stigmatisieren. Vor allem sollen Aktivitäten, neue Angebote und Gute-Praxis-Ansätze die Cloud informativ ergänzen und die Vernetzung der Akteurinnen und Akteure anregen. Weitere Maßnahmen sind außerdem im Rahmen der Weiterentwicklung der Engagementstrategie des Landes geplant.
Die Studie zu Einsamkeit im Alter in Schleswig-Holstein wurde von Professor Dr. phil. Katja Götz und Professor Dr. med. Jost Steinhäuser des Instituts für Allgemeinmedizin der Universität der Lübeck, Campus Lübeck durchgeführt. Der SoVD (Sozialverband) Schleswig-Holstein e.V. hat die Studie maßgeblich unterstützt.
Der vollständige Ergebnisbericht ist online abrufbar unter schleswig-holstein.de – Seniorinnen und Senioren – Abschlussbericht: Entwicklung von Maßnahmen gegen Einsamkeit im Alter.









