
Stockelsdorf – „Keine häusliche Gewalt in Stockelsdorf“ – mit diesem Wunsch treten verschiedene Akteurinnen an, um auf erste Anzeichen von Partnerschaftsgewalt hinzuweisen und Öffentlichkeitsarbeit für Beratungsstellen zu machen.
Neu ist die Zusammenarbeit mit der Gastronomie und dem Club „Soroptimist International“(SI). „Mit zwei speziell gestalteten Bierdeckeln macht Soroptimist International Club Lübeck/Bad Schwartau auf die Hilfeangebote für die Opfer Häuslicher Gewalt/Partnerschaftsgewalt und erstmals auch auf die Beratung für Täter, die nicht mehr Täter sein wollen, aufmerksam. Mit pro familia Lübeck ist die Lübecker Gewaltambulanz erstmals auf unseren Bierdeckeln zu finden und somit näher ins Blickfeld in Bezug auf die Täterarbeit gerückt“, so Hanne Peters von SI Lübeck/Bad Schwartau.
„Unsere Plakate „Read the Signs“ (erkenne die Zeichen) geben wir an ausgewählte Lokale zum Aushang, jetzt erstmals auch in Stockelsdorf. Die Plakate machen darauf aufmerksam, woran man toxische Beziehungen frühzeitig erkennt“, so Hanne Peters. Stellvertretend für die Stockelsdorfer Gastronomie macht Ewin Akgül von House of Breakfast and Brunch deutlich: „Liebe bedeutet Vertrauen und Respekt – niemals Gewalt.“
Anlässlich der landesweiten Aktion „Gewalt kommt nicht in die Tüte“ werden in dieser Woche speziell bedruckte Brötchentüten verteilt, auf denen die Telefonnummer des Hilfetelefons 116 016 steht. Unter dieser Nummer werden Betroffene und Angehörige rund um die Uhr in 18 Sprachen anonym und kostenlos beraten. QR-Codes im Tütenfalz weisen zudem auf regionale Beratungsstellen hin.
41 Handwerksbetriebe in Schleswig-Holstein reichen rund 355.000 Aktionstüten in 360 Filialen über den Ladentisch. Unterstützt wird die Aktion in Stockelsdorf erneut von der Feinbäckerei Schüler, die die besonderen Brötchentüten ausgibt und Infomaterialien auslegt. „Das wir hier mitmachen und in unseren Verkaufsstellen niedrigschwellig und unverfänglich informieren, ist eine Selbstverständlichkeit, denn leider findet häusliche Gewalt auch in unserem Umfeld statt“, so Chefin Bettina Schüler.
In Stockelsdorf haben sich in diesem Jahr darüber hinaus die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde im Rahmen ihrer Konfirmandenarbeit und die Gemeinschaftsschule in enger Kooperation mit dem Frauennotruf Ostholstein eingebracht und Workshops zum Thema Partnerschaftsgewalt durchgeführt. Die Polizei hat diese unterstützt und vor dem unbedachten Versenden privater oder sogar intimer Fotos gewarnt: „Sind Eure Bilder erst im Netz, gibt es kein Zurück“, so die Expertin für häusliche Gewalt, Christiane Hauswirth.
Das Team des Frauennotrufs Ostholstein stellt fest: „Diese Aktionen gegen Gewalt an Frauen sind wichtig, um weiterhin ein Bewusstsein zu schaffen, das Schweigen zu brechen und Solidarität zu fördern. Der Großteil der Betroffenen von Partnerschaftsgewalt sind Frauen, weil die alten patriarchalen Muster immer noch greifen. Daher ist es notwendig, sich für die Rechte und die Sicherheit von Frauen und Mädchen einzusetzen.“ Der Frauennotruf unterstützt die betroffenen Frauen umfassend in allen behördlichen und psychosozialen Fragen.
Auch das Frauenhaus Ostholstein unterstützt die von Gewalt betroffenen Frauen und Kinder und macht seit Jahren auf fehlende Ressourcen und einen dringend benötigten verbesserten Stellenschlüssel von 1-4 aufmerksam. Außerdem bedarf es dringend einer Verbesserung der Wohnraumsituation, um von Gewalt betroffenen Frauen und Kindern nach dem Aufenthalt im Frauenhaus eine Perspektive zu ermöglichen.
Laut Statistik für 2024 sind die Opferzahlen bei häuslicher Gewalt in Schleswig-Holstein um 8,8 Prozent auf 9.360 (Quelle: Quelle: NDR Radio 7.8.2025) angestiegen. Hierzu zählen unter anderem Vergewaltigung, sexuelle Belästigung, Nötigung und Übergriffe, sexueller Missbrauch und die Verbreitung von pornografischen Inhalten. Die Dunkelfeldstudie Sicherheit und Kriminalität in Deutschland (SKiD) verweist allerdings darauf, dass die Anzeigebereitschaft bei Sexualdelikten gerade mal bei 1 Prozent liegt und mehr als zwei Drittel der Opfer mit dem Täter in einer sozialen Beziehung standen, zitiert Stockelsdorfs Gleichstellungsbeauftragte Gudrun Dietrich. Im Jahr 2023 wurden 256.276 Opfer häuslicher Gewalt bundesweit erfasst, davon über 70 Prozent Frauen, und 155 Frauen wurden von ihrem (Ex-) Partner getötet. (Quelle: Bundeslagebild Häusl. Gewalt 2023)
„Deshalb ist es wichtig, dass hier so viele Akteure versuchen, die Gesellschaft dafür zu sensibilisieren, bei Gewalt hinzuschauen, die Betroffenen anzusprechen, und die Beratungsstellen bekannter machen“, so Dietrich. In Schleswig-Holstein ist seit März 2025 der Einsatz der elektronischen Fußfessel möglich, um Opfer häuslicher Gewalt in Hochrisikofällen besser schützen zu können, und die Polizei übermittelt die Daten des Täters an eine Beratungsstelle für Täterarbeit als freiwilliges Angebot.
Wichtige Adressen:
Polizei: 110
Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: 116 016 und www.hilfetelefon.de
Frauenhaus OH: 04521-826 4410
Opferschutz, Hilfe bei Stalking und allgemeine Unterstützung: www.weisser-ring.de
Beratung für gewaltgeneigte Männer: Pro Familia Lübeck,0451- 3991077.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: beratung@ads.bund.de
www.vertrauliche-spurensicherung-sh.de
Beratung für Männer, die sexuelle und häusliche Gewalt erlebt haben: 0800-1239900
(Quelle: Text: Gudrun Dietrich, GB Gemeinde Stockelsdorf)








