Foto: Arno Reimann
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Lübeck – Die Polizei in der Hansestadt Lübeck hat 647 Fälle von häuslicher Gewalt registriert; im gleichen Zeitraum wurden im Kreis Ostholstein 297 Fälle erfasst (Quelle: PKS 2020 BKA / LKA S.-H. — Mit einer statistischen Auswertung für das Jahr 2021 wird Anfang April gerechnet.) Die Zahlen sind seit Jahren konstant hoch. Das bestätigten auch die bundesweiten Zahlen. So wurden im Jahr 2020 in Deutschland 148.031 Fälle von häuslicher Gewalt polizeilich bekannt. Experten gehen jedoch von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus.

In der Hansestadt Lübeck und auch in Ostholstein werden täglich polizeiliche Einsätze im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt wahrgenommen. Häusliche Gewalt liegt vor, wenn es innerhalb einer bestehenden Partnerschaft oder unter Ex-Partnern zur Androhung oder Ausübung von Gewalt kommt. Die Art und Weise der Gewaltausübung ist sehr unterschiedlich. Ein Großteil der angezeigten Taten basieren auf körperlicher Gewalt, hier vielfach begangen mittels Schlagen, Würgen, Schubsen. Aber auch psychische Gewalt beispielhaft in Form von Beleidigungen, Stalking und sozialer Kontrolle spielen neben sexueller Gewaltausübung durch Nötigung und Vergewaltigung eine große Rolle.

Häusliche Gewalt ereignet sich in allen sozialen Schichten. Charakteristisch ist, dass es oft nicht bei einer einzelnen Gewalttat bleibt. Die gewalttätigen Übergriffe wiederholen sich, wobei die Abstände zwischen den einzelnen Taten mit der Zeit immer kürzer werden und deren Intensität zunimmt.

Die Mehrzahl der Opfer ist weiblich.

Statistiken belegen, dass jede vierte Frau in Deutschland mindestens einmal körperliche oder sexuelle Gewalt durch ihren Partner oder Ex-Partner erfahren hat.

Aber auch Männer sind Opfer von häuslicher Gewalt. Laut Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA – PKS 2020) sind 19,5 % der Betroffenen männlich.

In den vergangenen Jahrzehnten wurde sowohl in der Hansestadt Lübeck  als auch in Ostholstein zum Schutz der betroffenen Frauen bereits vieles initiiert. Einen großen Anteil daran hat das KIK-Netzwerk, das aus Vertretern verschiedenster Institutionen wie Polizei, Gericht, Staatsanwaltschaft, Frauenhäusern, Frauen- und Täterberatungsstellen, dem Jugendamt und dem Kinderschutzzentrum besteht, und auf dem landesweiten Kooperations- und Interventionskonzept fußt. Durch die übergreifende Netzwerkarbeit können Betroffene und deren Familien frühzeitig unterstützt und vor weiterer Gewalt geschützt werden.

In akuten Gefahrenlagen empfiehlt die Polizei, den bekannten Notruf 110 zu wählen. Niemand braucht sich zu scheuen, bei gewalttätigen Auseinandersetzungen innerhalb der Partnerschaft oder ehemaligen Partnerschaft, die Polizei zu rufen.

Je nach Situation gibt es verschiedene Möglichkeiten, um Schutz vor weiteren Gewalttaten zu gewährleisten. So kann die Polizei unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen beispielsweise den Aggressor für einen Zeitraum von maximal vier Wochen aus der gemeinsamen Wohnung verweisen und zeitgleich ein Rückkehr- und Betretungsverbot aussprechen. Hierzu stellt die Polizei eine einzelfallbezogene Gefahrenprognose und prüft, ob die erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit und ein gemeinsamer Wohnsitz bzw. Lebensmittelpunkt vorliegen.

In Lübeck sprach die Polizei im vergangenen Jahr in 135, in Ostholstein in 50 Fällen im unmittelbaren Nachgang an die angezeigte Gewalttat eine Wegweisung aus, um Betroffenen und deren Familien zeitnahen Schutz zu bieten. Um längerfristigen Schutz zu erhalten, wird den Betroffenen in diesem Zusammenhang stets empfohlen, eine gerichtliche Schutzanordnung nach dem Gewaltschutzgesetz zu erwirken, je nach Sachlage im besten Falle mit der Zielrichtung einer Wohnungszuweisung für die Betroffene.

Wohnt der Aggressor nicht in der Wohnung, kommen zum Schutz der Opfer andere rechtliche Instrumente wie ein polizeilich ausgesprochenes Kontakt- und Näherungsverbot von bis zu vier Wochen, ein Platzverweis oder im weiteren Verlauf eine gerichtlich erwirkte Gewaltschutzanordnung in Betracht.

In manchen Situationen erfolgt auch aktiv der Wunsch von Frauen, längerfristig in einem Frauenhaus untergebracht zu werden, weil sie sich dort aufgrund verschiedener Gründe sicherer fühlen als zu Hause. Hier spielt neben dem Täter auch das familiäre Umfeld eine Rolle. Ziel der polizeilichen Maßnahmen in der Situation vor Ort ist es, zwar frühzeitig aber auch sehr sensibel für die oder den Geschädigten die bestmögliche, langfristig nachhaltige Lösung zu finden und dem Aggressor keine weitere Möglichkeit der Schädigung zu bieten.

Für Personen, die Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind, stehen auf allen Lübecker Polizeidienststellen speziell ausgebildete Polizeibeamte als Ansprechpartner  zur Verfügung. Bei Straftaten, von denen die Polizei Kenntnis erlangt, muss sie diese weiterverfolgen (Strafverfolgungszwang), daher ist es ratsam gegebenfalls zuvor Kontakt zu einer unabhängigen Beratungsstelle aufzunehmen. Die Dienststellen stehen zudem auch allen besorgten Angehörigen oder Freunden für allgemeine Fragen zum Thema häusliche Gewalt zur Verfügung.

Häusliche Gewalt ist keine Privatangelegenheit! Die Polizei legt jedem Betroffenen nahe, sich Hilfe zu holen.

Bei Bedarf wenden Sie sich bitte an eine der örtlichen Dienststellen:

1. Polizeirevier  Telefon 0451-1316145

2. Polizeirevier  Telefon 0451-1316245

Polizeistation Buntekuh Telefon  0451-31701000

3. Polizeirevier  Telefon 0451-1316345

Polizeistation Eichholz Telefon  0451-92993930

Polizeistation Schlutup Telefon 0451-92993910

Polizeistation Kücknitz  Telefon 0451-3003630

Polizeistation Travemünde Telefon  04502-863430

4. Polizeirevier Telefon  0451-1316445

Polizeistation Moisling Telefon 0451-8097030

Polizeistation Blankensee Telefon  0451-693930

Polizeistation St. Jürgen Telefon 0451-400770

Polizeistation Hüxtertor Telefon 0451-92993920

Zudem finden Betroffene beim Bundeshilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ rund um die Uhr kostenfrei unter der Nummer 08000-116016 Beratung und Hilfe. Beratung ist auf Wunsch anonym und in 17 verschiedenen Sprachen möglich. www.hilfetelefon.de

Betroffene Männer können sich an das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Männer“ wenden: Telefon 0800-1239900 www.maennerhilfetelefon.de

Unter www.ODABS.org  können alternativ Beratungsstellen zu den Themen körperliche Gewalt, sexuelle Gewalt und seelische Belastung in unmittelbarer örtlicher Nähe ermittelt werden.

Für von Gewalt Betroffene besteht zudem die Möglichkeit, ihre Verletzungen kostenlos und vertraulich rechtsmedizinisch untersuchen und gerichtsverwertbar dokumentieren zu lassen. www.vertrauliche-spurensicherung-sh.de   

Auch für den potenziellen Täter gibt es Hilfe. Wer befürchtet, gewalttätig gegenüber Angehörigen oder Personen im sozialen Nahbereich zu werden, kann Kontakt zum bundesweiten, kostenfreien Hilfetelefon für Tatgeneigte aufnehmen: Telefon 0800-7022240

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