
Ostholstein – Sollen an Silvester Böller angezündet werden oder nicht? Diese Frage sorgt immer wieder für lebhafte Diskussionen. Einige kritisieren die Gefahr für Mensch und Umwelt – vor allem die hohe Feinstaubbelastung und die Angst, die das laute Knallen bei Tieren auslöst. Andere sehen im Böllern eine unersetzliche Tradition. Doch eine Studie zeigt: Knalltrauma durch Feuerwerkskörper kann ernste Folgen haben.
Im Rahmen einer Erhebung, unterstützt von der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (DGHNO KHC), wurde 2021/2022 eine beunruhigende Zahl von Hörverletzungen dokumentiert. Besonders betroffen sind unbeteiligte Zuschauer: 60 Prozent der Verletzten haben sich beim Silvesterfeuerwerk ohne aktives Zünden der Böller Gehörschäden zugezogen. „Ein Knalltrauma kann zu dauerhaftem Hörverlust und Tinnitus führen, vor allem bei jungen Menschen unter 30“, warnt AOK-Serviceregionsleiter Reinhard Wunsch.
Abstand ist entscheidend
Ein häufig unterschätztes Risiko ist der Lärmpegel. Je näher man an den Feuerwerken steht, desto lauter wird es: Schon bei nur zwei Metern Abstand erreichen Böller einen Schallpegel von bis zu 160 Dezibel – das entspricht dem Geräusch einer Pistole. Große Feuerwerke können sogar Werte von mehr als 190 Dezibel überschreiten. „Ab 85 Dezibel kann das Gehör Schaden nehmen. Ein einzelner lauter Knall, etwa durch Feuerwerk, einen Schuss oder durch einen platzenden Airbag, kann das Gehör dauerhaft schädigen. Wir sprechen dann von einem Knalltrauma“, erklärt Professor Dr. Alessandro Bozzato, der die Studie leitete.
Schäden durch hohe Lautstärke
Durch den extremen Schalldruck können die Sinneszellen im Innenohr geschädigt werden, was zu Tinnitus oder Schwerhörigkeit führen kann. Betroffene haben oft Schwierigkeiten, hohe Töne oder Stimmen klar zu hören. In schweren Fällen drohen sogar Trommelfellverletzungen.
Prävention: Abstand und Gehörschutz
In der letzten systematischen Erhebung, in der alle 37 deutschen HNO-Kliniken befragt wurden, waren zum Jahreswechsel 2021/2022 trotz Verbots vor allem junge Menschen zwischen elf und 30 Jahren von einer Verletzung des Hörorgans betroffen. Mehr als 80 Prozent der Patienten waren männlich. Dabei waren die meisten nicht selbst am Zünden beteiligt, sondern einfach nur Zuschauer.
Experten raten dringend dazu, Abstand zu halten und Gehörschutz zu tragen. Neben Einfach-Ohrstöpseln gibt es individuell maßgefertigten Gehörschutz vom Hörakustiker. „Dieser ist klein und kaum spürbar im Gehörgang, sitzt perfekt und lässt sich jahrelang wiederverwenden. Filter sorgen zudem dafür, schädlichen Lärm abzuschirmen aber Stimmen verständlich durchzulassen“, sagt Professor Dr. Bozzato. So erhält nur der Krach, aber nicht die Partystimmung einen Dämpfer.
„Wer dennoch nach einem Knall ein Pfeifen oder dumpfes Hören bemerkt, sollte sofort reagieren und medizinische Hilfe suchen, denn eine frühzeitige Behandlung kann Folgeschäden abmildern oder verhindern“, so Professor Dr. Bozzato.








