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Timmendorfer Strand – In einem acht Seiten langen Offenen Brief wendet sich Timmendorfs parteiloser Bürgermeister Robert Wagner an die Einwohner der Gemeinde. OH-Aktuell veröffentlicht nachstehend den Brief ungekürzt und unkommentiert.

„Offener Brief

01.07.2020 Zwei Jahre im Amt

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

nach einem intensiven Wahlkampf wurde ich mit fast 60 % der Stimmen in das

Bürgermeisteramt gewählt. Damals hieß es für mich, in Aachen alle Zelte

abzubrechen und in der Gemeinde Timmendorfer Strand meinen neuen Arbeits- und

Lebensort einzurichten. Nach dem Wahlkampf mit Stichwahl war das eine

arbeitsreiche und kräftezehrende Zeit. Der Umzug aus Aachen, die Verabschiedung

vom alten Beruf, dem Freundeskreis und der Familie standen an. Der 01.07.2018,

ein Sonntag, war dann mein erster Tag als Bürgermeister. Ich habe an diesem

Sonntag alle Gemeindevertreterinnen und -vertreter in das Hotel Atlantic zum

Frühstückbüffet eingeladen. Dies sollte der Beginn des WIR-Gefühls sein. Am

02.07.2018 war mein erster Arbeitstag im Rathaus.

Mein großer Berufswunsch ist an diesem Tag in Erfüllung gegangen. Sehr

befremdlich für mich war es jedoch, dass es weder im Vorfeld noch bei Amtsantritt

eine Übergabe der Amtsgeschäfte durch meine Vorgängerin gegeben hat. Weder

Hauptausschussmitglieder noch andere politische Funktionsträger hatten darauf

hingewirkt oder etwas veranlasst. Die stellvertretende Bürgermeisterin hat mich dann

in die Themen, die sie kannte, eingearbeitet, über Arbeitsprozesse informiert und wir

haben uns gemeinsam durchgeschlagen.

Übernahme der Amtsgeschäfte

Der Amtsantritt gestaltete sich doppelt schwierig. Zum einen waren die Leitung des

Bauamtes und die Leitung des Fachdienstes Immobilien unbesetzt. Zum anderen

war die Leitungsposition im Ordnungsamt vakant. Das war Anfang Juli 2018

besonders hart, da sämtliche Veranstaltungen und Großevents genehmigt werden

mussten und die touristische Saison gerade das Ordnungsamt extrem forderte.

Die großen Themen wie Feste Fehmarnbeltquerung, Bäderbahntrasse und

Bahnhofserhalt, das ETC (Eissport- und Tenniszentrum) und die Fortsetzung des

Ortsentwicklungsprozesses habe ich „geerbt“. Mit all den Fragezeichen, dem großen

Handlungsbedarf und dem zeitlichen Druck wurden diese Themen mitunter zur

Chefsache!

Das Thema Feste Fehmarnbeltquerung, Bäderbahntrasse und Bahnhofserhalt

erforderte meine besondere Aufmerksamkeit, nicht nur, weil die wichtige

Verkehrsader „Bäderbahntrasse“ dabei eine Rolle spielte, sondern auch, weil die

ersten Arbeits- und Sitzungstermine außerhalb des Rathauses dazu anstanden.

Eine Anmerkung noch zum Rathaus Strandallee 42: Das Rathaus ist eine

Kompromissimmobilie mit über 20 Eigentumswohnungen, eigentlich nichts

Schlimmes. Jedoch war ich verwundert, dass Renovierungsmaßnahmen wie z. B.

Flurbereiche, Türzargen oder der Austausch verschlissener Bodenbeläge nicht bzw.

nicht zeitgemäß durchgeführt wurden. Gerade der untere Flurbereich mit

Einwohnermeldeamt, Ordnungsamt, Standesamt, dem Bereich Migration und der

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Gemeindekasse, also ein Bereich mit viel Publikumsverkehr, befand sich in keinem

guten Zustand.

Das Bürgermeisterarbeitszimmer samt Besprechungsbereich waren ebenfalls kein

Aushängeschild mehr. Weitere Arbeits- und Rahmenbedingungen waren nicht

optimal.

Zurück zu den ersten Tagen nach Amtsantritt. Eine hohe Zahl von Glückwünschen

zu meiner Wahl erreichte mich. Ebenso gab es eine sehr hohe Anfrage zu

Gesprächsterminen aus der Belegschaft, der Bevölkerung sowie von Investoren und

Projektentwicklern. Jeder wollte den neuen Bürgermeister sprechen und

kennenlernen, oftmals in der Ungeduld und Schnelligkeit dieser Zeit.

Erkenntnisse

Viele Investoren und Projektentwickler kamen mit alten Ideen und erhofften sich nun

ein Weiterkommen in Politik und Verwaltung. Wie so oft in Timmendorfer Strand sind

Auftragnehmer, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder Investoren und andere

Ideengeber mit Politikerinnen und Politikern zur Schule gegangen, Nachbarn oder

befreundet. Es zeigte sich schnell, dass auch gerne zügig die politischen Freunde

eingeschaltet wurden, wenn man selber nicht mehr mit Bürgermeister und

Verwaltung weiterkam oder sich zu helfen wusste. Ich stellte ebenfalls fest, dass sich

einige aus der Politik direkt an die Verwaltungsmitarbeiterinnen oder -mitarbeiter

wandten, wenn sie Fragen zum Verwaltungshandeln oder zu Arbeits- und

Bearbeitungsabläufen hatten. Dabei wurde sehr gerne das Bürgermeisterbüro

übergangen.

Sehr schnell merkte ich, dass verschiedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihr

vorhandenes Hintergrund- und Historienwissen nicht gerne preisgaben und nach

eigenen Vorstellungen Dinge und Arbeitsaufträge abarbeiten und erledigen wollten.

Ich merkte auch, dass viele nicht in der Lage waren zu priorisieren, sich selbst zu

organisieren oder in Eigenregie die Arbeitsvorgänge voll umfänglich zu erledigen.

Oftmals musste ich als Bürgermeister zwischen den Fachbereichen und

Fachdiensten vermitteln und die Arbeitsabläufe eng begleiten. Relativ schnell habe

ich auch den Eindruck gewonnen, dass neue Arbeitsweisen und -formen nicht als

Chance des Dazulernens begriffen werden, sondern Angst und Ablehnung auslösen.

Das erklärte die große Anzahl von offenen politischen Beschlüssen und

Arbeitsaufträgen, die ich bei Amtsübernahme vorfand.

Zu den bereits vorhandenen offenen politischen Beschlüssen und der großen

Arbeitslast kamen noch die vielen Arbeitsaufträge und Wünsche der Parteien und

Wählergemeinschaften hinzu, die mich im Wahlkampf unterstützt und als

Bürgermeister gewollt haben.

Ein großer Rucksack voller Arbeitsaufträge und Aufgabenstellungen!

Vorgehensweise/Erkenntnisse

Die vorgefundene Gesamtsituation veranlasste mich zu der Maßnahme, mir ein Jahr

lang die komplette Hauseingangspost vorlegen zu lassen, um möglichst schnell und

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umfassend in die aktuellen Themen hineinwachsen und die Arbeitsweisen und

Leistungsfähigkeit der einzelnen Beschäftigten erkennen und messen zu können.

Durch Wiedervorlagen, Bearbeitungszeitschienen, gemeinsame Besprechungen und

persönliche Rücksprachen wurden Sachverhalte und Zusammenhänge mir klarer

und die Bearbeitung beschleunigt.

Die gewonnenen Einblicke und die enge Zusammenarbeit machte mir folgendes

deutlich: Die Gemeindeverwaltung ist in den letzten Jahren nicht mit der rasanten

Entwicklung des Tourismus mitgewachsen und der Weg zu einer modernen digitalen

und leistungsstarken Verwaltung wird steinig.

Sicherlich ist meine gute Denk- und Merkfähigkeit, meine Eigenschaft,

Zusammenhänge zu erkennen, für die Ausübung des Bürgermeisteramtes dabei von

Vorteil. Ein Nachteil ist sicherlich, dass der Öffentliche Dienst in unserem Ort nicht

wirklich entwicklungs- und veränderungsfreundlich ist. Mit Fleiß, vielen

Arbeitsstunden und -einsätzen konnte ich mich einarbeiten und mitreden.

Direkt zu Beginn meiner Amtszeit habe ich mich von externen Auftragnehmern

getrennt. Die Arbeitsweise und Zusammenarbeit entsprach nicht meinen

Vorstellungen, denn ich bin unabhängig und parteilos und will authentisch arbeiten.

Jedoch setzten viele der ehemaligen Auftragnehmer und der Beschäftigten alle

politischen Hebel in Bewegung und der politische Widerstand in den Ausschüssen

und der Gemeindevertretung mir gegenüber wurde spürbarer.

Das menschliche Miteinander und die Art der Diskussionen haben sich derart

verändert, dass es ein Kraftakt geworden ist, sich treu zu bleiben, seine Ideale zu

leben und der eigenen Lebensphilosophie zu folgen.

Ein Bürgermeister, der u. a. auch gewählt wurde, weil er nicht verwandt,

verschwägert oder im Ort verwurzelt ist, sollte auch entsprechend entscheiden

dürfen. Nämlich „sach- und themenorientiert“ und dem Gemeinwohl dienend. Das ist

mein Verständnis von unabhängiger Amtsführung und parteilosem Bürgermeister.

Meine Wesensart und mein Naturell waren allen durch meine Wahlkampfauftritte und

die persönlichen Begegnungen bekannt.

In den Jahren vor mir als Bürgermeister haben sich einige Mitarbeiterinnen und

Mitarbeiter Komfortzonen geschaffen und andere sind zu heimlichen

Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern mutiert. Um das zu erkennen, benötigte ich

einige Zeit. Denn lieb, nett und freundlich waren alle zu mir. Aber auch im

Öffentlichen Dienst gibt es eine klare Rollenverteilung, eine Behördenhierarchie und

eine Akzeptanz- und Anerkennungskultur. Doch davon war die Gemeindeverwaltung

Timmendorfer Strand weit entfernt. Somit hatte ich ein weiteres Themen- und

Aufgabenfeld identifiziert: „Organisation und Struktur“ sowie die „Bildung von Teams“

und die „Schaffung von verlässlichen und funktionierenden Arbeitsebenen“.

Kommen wir nun zu vorgenommenen Neueinstellungen und zur Personalstruktur.

Die Gemeindeverwaltung wirbt mit attraktiven Arbeitsplätzen und interessanten

Aufgaben und Tätigkeiten. Doch die oben dargelegten Bedingungen und

Strukturprobleme führten dazu, dass neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch

Führungskräfte nicht willkommen geheißen werden.

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Sie, teilweise auch Führungskräfte erfahren dann oftmals keine Willkommenskultur

innerhalb und außerhalb ihres Fachbereiches/Fachdienstes.

Neue Ideen, Arbeitsweisen, andere Lebens- und Weltanschauungen werden oftmals

überwiegend abgelehnt oder nur zögerlich zugelassen. Stattdessen wird über die

„stille Post“ und den „Flurfunk“ den Neuen das Ankommen erschwert. Vorhandenes

Wissen wird als Machtinstrument „Wissen ist Macht“ verwendet und die Neuen

wurden fachlich häufig nicht gut eingearbeitet und somit nicht in die Lage versetzt,

sich zu etablieren. Hinzu kommen die enorm hohe Arbeitsbelastung und das

Arbeitsaufkommen.

Diese Kultur der Ablehnung und des Umgangs habe ich am eigenen Leib erfahren

durch hausinterne persönliche Angriffe, Anfeindungen und Unterstellungen, für den

Bürger fast unvorstellbar und für mich oftmals erschreckend. Ich brauchte dann viel

Biss und Durchhaltevermögen, um mich zu behaupten. Es ist mehr als verständlich,

dass neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diese Arbeitssituation vorfinden nach

kurzer Zeit sagen „Das tu ich mir nicht an, denn ich weiß, was ich kann“ und sich

dann wieder wegbewerben.

Ich will nicht unerwähnt lassen, dass es auch Teile der Belegschaft gibt, die mit

großer Mühe neue Beschäftigte einarbeiten, weil sie wollen, dass die Neuausrichtung

der Verwaltung funktioniert.

Die Zahl der Personalveränderungen habe ich in verschiedenen Ausschusssitzungen

erklärt. Nicht jeder Weggang ist eine, dem Bürgermeister geschuldete

Arbeitnehmerkündigung. Durchaus sind auch Arbeitgeberkündigungen dabei. Ich bin

der Meinung, dass man als Amtschef auch das Recht hat, seine Mannschaft

aufzustellen. Und wenn Arbeitsweisen und -einstellungen nicht zueinander passen,

darf man sich auch voneinander trennen. In der freien Wirtschaft ein normales

Vorgehen, im Öffentlichen Dienst immer noch schwierig.

Natürlich sind die kleinen Verwaltungen mit ihren Generalisten und Spezialisten nicht

in der Lage, jeden Weggang sofort zu kompensieren. Solche Prozesse brauchen

Zeit, Mut und Vertrauen. Leider hat ein Großteil der Politik sich im Spätsommer 2019

in meinen Führungs- und Umgestaltungsprozess eingemischt und so hat die

Gemeindeverwaltung wertvolle Neuausrichtungszeit verloren. Die Hintergründe

meiner Entscheidungen und Handlungsweisen habe ich in vielen Gesprächen der

Politik dargelegt. Einige Parteien und Wählergemeinschaften, die bei politischen

Themen oftmals sehr uneinheitlich entscheiden, scheinen sich jedoch in der

Diskussion um meine Person einig zu sein. Bei mir kommt schon seit längerer Zeit

der Verdacht auf, dass einige Funktionsträger eher eine Marionette für das

Bürgermeisteramt gesucht haben anstelle eines kreativen Selbstdenkers, der dazu

noch gut im Kreis, Land und Bund netzwerkt und der Gemeinde Timmendorfer

Strand ein neues Gesicht gibt.

Nachdenken

Die Diskussion um meine Amtsführung und Person schadet meiner Meinung nach in

vielerlei Hinsicht und spaltet die Gemeinde.

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Ist Timmendorfer Strand noch ein attraktiver Arbeitgeber, wenn es so viel

Negativpresse gibt?

Wer bewirbt sich bei einer Verwaltung, wo das kommunalpolitische Klima so speziell

ist und in eine Gemeinde, in der große Familien, Investoren und Millionäre das

Sagen haben wollen?

Hinzu kommen die Fülle an Aufgaben und die hohe Arbeitsbelastung sowie die

Ungeduld vieler Akteure. Ich übe mein Amt mit Tatendrang, Leidenschaft und

Menschlichkeit aus, doch gerade das scheint meinen Kritikern nicht zu gefallen.

In meiner bisherigen Laufbahn war es guter Stil, die Arbeitsleistung gewählter

Personen ein Jahr vor ihrer anstehenden Wiederwahl zu bewerten. Bei mir wurde

von Anfang an die Arbeitsleistung bewertet und es wird fortwährend versucht,

politisch vollumfänglich Einfluss auf meine Amtsführung zu nehmen. Ich wurde von

den Bürgerinnen und Bürgern gewählt. Mehrheitlich möchten diese eine neutrale

Amtsführung, die sach- und themenorientiert arbeitet. Dies habe ich getan und werde

es auch weiterhin tun!

Abwahlgedanken

Nach dem gescheiterten Antrag auf Abwahl meiner Person in der

Gemeindevertretersitzung läuft derzeit eine Unterschriftensammlung bzgl. der

Einleitung eines Abwahlverfahrens. Ich hatte mir eigentlich aus der Coronakrise

erhofft, dass sich jeder Mensch wieder etwas mehr in Achtsamkeit, Demut und

Menschlichkeit übt. Leider haben wir Menschen nicht viel daraus gelernt. Dabei ist

ein gutes und faires Miteinander einfacher als ewiges Gegeneinander.

Bedauerlicherweise hat sich in den letzten zehn Jahren unter drei

Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern kein gutes Miteinander mehr zwischen

Politik und Bürgermeisteramt gezeigt. Seltsamerweise sucht die Politik immer und für

alles die Schuld beim Bürgermeister/der Bürgermeisterin.

Die Gemeinde Timmendorfer Strand ist ein schöner Arbeits- und Lebensort und die

vielen Aufgaben sowie Pflichten und gesellschaftliche Verpflichtungen machen mir

viel Freude. Und ja, selbst nach zwei Jahren im Amt und vielen gewonnenen

Eindrücken und Erkenntnissen bereitet mir mein Beruf noch viel Freude. Vielleicht

ruft gerade das einige Kritiker hervor. Menschen wie ich, die Freude an ihrer Arbeit

haben, schauen nicht auf die Uhr und arbeiten mit viel Leidenschaft. Als

Verwaltungschef einer kleinen Gemeinde bin ich als „Feuerwehr“ immer dort im

Einsatz, wo verwaltungsseitig jemand fehlt oder Verstärkung gebraucht wird. Schon

lange ist die Zeit vorbei, als Bürgermeister nur repräsentierten.

Ich habe in vielen Gesprächen, in informellen Runden und in Sitzungen der

Ausschüsse und der Gemeindevertretung, zur Sachlage innerhalb der Verwaltung

ausgeführt. Im nichtöffentlichen Teil der Hauptausschusssitzungen und der

Gemeindevertretersitzungen habe ich Hintergründe und Zusammenhänge meines

Handelns erklärt sowie die Personalfluktuation bzw. wie Personalwesen im

Zusammenspiel mit Arbeits- und Tarifrecht funktioniert.

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Klartext

Fakt ist: Vielen in der Verwaltung habe ich auf die Finger geschaut, mittelmäßige

Arbeitsergebnisse thematisiert und ich bin nicht müde geworden, auf die termin-,

fristgerechte und bürgerfreundliche Erledigung der Aufgaben hinzuwirken. Dass man

sich als Chef damit nicht besonders beliebt macht, liegt in der Natur der Sache. Da

ich aber meine Wiederwahl und eine zweite Amtszeit anstrebe und von meinen

Modernisierungs- und Reformschritten im Personalwesen und der dringenden

Änderung der Arbeitsweisen überzeugt bin, lasse ich mich weder durch persönliche

Angriffe/Anfeindungen und Unterstellungen einschüchtern noch zum Aufgeben

bewegen.

Die Verwaltung wurde auf meine Initiative hin über ein Jahr lang durch eine externe

Personaltrainerin begleitet und auch dort werden im Ergebnisbericht die schwierige

Situation bei Amtsübernahme, das Arbeitstempo, die unterschiedlichen Arbeits- und

Herangehensweisen, die Willkommenskultur sowie der „Stille-Post-Effekt“ für den

heutigen schwierigen Ist-Zustand verantwortlich gemacht.

Nachdem die Einleitung des Abwahlverfahrens in der Gemeindevertretung

gescheitert ist, haben sich nun unzufriedene Bürgerinnen und Bürger

zusammengefunden und sammeln „demokratisch legitimiert“ Unterschriften für meine

Abwahl. Dass nicht alle Bürgerinnen und Bürger mit mir zufrieden sein können, ist

normal. Die einen verfolgen vielleicht Einzelinteressen, andere sind grundsätzlich

negativ eingestellt oder neiden mir die Leidenschaft, mein Durchhaltevermögen und

meine rhetorischen Fähigkeiten. Als Bürgermeister diene ich den Bürgerinnen und

Bürgern, der Politik (Selbstverwaltung), bin der Verwaltungschef, soll ein guter

Netzwerker in Politik und Gesellschaft auf Orts-, Kreis-, Landes- und Bundesebene

sein. Immer begleitet von der Presse- und Medienlandschaft und beobachtet von den

Wagner-Kritikern, die es von Anfang an gab.

Weitere Zusammenarbeit/Neuausrichtung

Meine Hoffnung war und ist es, dass Politik und Verwaltung/Bürgermeister sach- und

themenorientiert weiter zusammenarbeiten und gemeinsam mit professioneller

Unterstützung lernen, die Rolle/Sichtweise des anderen besser zu verstehen.

Außerdem sollte es darum gehen, die Bedürfnisse, Kommunikationsweisen und

Verhaltensmuster untereinander besser einordnen und verstehen zu können. Für

mich ist immer noch eine Zusammenarbeit mit der Politik möglich und ich bin

überzeugt davon, dass unter Hinzuziehung von entsprechenden Experten/Agenturen

die kommenden Jahre der Zusammenarbeit entspannter verlaufen werden als die

letzten Monate.

Selbstkritik/Positionierung

Nicht immer war mein Verhalten richtig. Kein Mensch ist fehlerfrei. Und wenn man

wie ich über Monate hinweg mit Argumentationen und Sachlichkeit kein Gehör findet

und stattdessen immer mehr durch Medien-/Pressearbeit und Mund-zu-MundPropaganda schlecht gemacht wird, ist es nicht verwunderlich, wenn der Getriebene

sich dann auch rhetorisch wehrt. Vor allem bei persönlichen Angriffen/Gerüchten und

Unterstellungen, die schon ehrabschneidend und persönlich verletzend sind.

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Ich hatte mir durch die Coronakrise mehr Besinnung gewünscht und nach dem Tod

meiner Mutter Ende März 2020 erhofft, dass es etwas ruhiger um mich herum wird.

Jetzt ist auch noch mein Vater nach kurzer schwerer Krankheit verstorben. Jedoch in

Timmendorfer Strand geht die Jagd auf den Bürgermeister weiter. Keine Ruhe, keine

Schonfrist, bloß keine Menschlichkeit zeigen und walten lassen.

Diejenigen, die auf Listen und Formularen meine Abwahl beantragen, sollen sich

bitte Arbeits-/Berufswelt und politische Ämter im Jahre 2020 einmal vor Augen

führen. Ich habe eine 60-80 Stundenwoche mit einer unbeschreiblichen Termindichte

und soll auch in der privaten Zeit immer ansprechbar sein, sei es im Supermarkt, bei

der Tankstelle oder beim Hundespaziergang.

Die Anzahl der gutgemeinten Ratschläge von vermeintlichen Freunden und

Bekannten und die Zahl der selbsternannten Chefs des Bürgermeisters, Kontrolleure

und Befehlsgeber lässt sich von mir nur sehr schwer beziffern. Bei vielen Akteuren

hat sich der bestehende Informations- und Unterrichtungsanspruch zum

Kontrollzwang entwickelt.

Was mir als Bürgermeister privat Freude bereitet, wird schlecht geredet oder mit

Lügen belegt. Dabei denke ich an all die unglaublichen Geschichten rund um meinen

Hund oder um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit denen ich mich gut verstehe.

Fragen

Wie kommt es, dass Menschen und Funktionsträger, die damals meine Vorgängerin

unterstützt und hofiert haben, bei anstehender Wiederwahl diese bekämpften und mit

allen Mittel verhindern wollten?

Wie kommt es, dass viele von diesen Protagonisten und Strippenziehern nun gegen

mich sind und mich bereits während der Amtszeit schon loswerden wollen?

Darüber hinaus finde ich es menschlich schwierig, wenn es Leute sind, die mir das

„Du“ angeboten und sich freundschaftlich verhalten haben, sich nun jedoch öffentlich

und um jeden Preis von mir abwenden.

Ich frage mich: Warum verhalten sich die Menschen so? Ist es Wankelmut? Ist es der

Spaß am Spiel mit den Menschen? Sind es eigene Interessen oder lässt man sich

von anderen Wagnergegnern vor den Karren spannen?

Vielleicht sollte man auch bei den Unterstützern der Unterschriftensammlung genau

hinschauen, wer für welche Partei bzw. Wählergemeinschaft klappert oder wer auf

einem Potentialgrundstück hockt, gerade die moralische Keule schwingt und sich

vielleicht in ein paar Jahren nicht mehr an aktuelle Aussagen/Argumente erinnert und

es das Grundstück in der heutigen Form nicht mehr gibt.

Wie geht es weiter?

Die interessanteste Frage ist sicherlich diese: Wenn man mich abwählt, wer kommt

danach? Die Bürgerinnen und Bürger sollen an einer evtl. Wahl teilnehmen „für“ oder

„gegen“ mich. Sollte sich entgegen aller tatsächlichen Zeichen eine Mehrheit gegen

mich am Wahltag finden, steht immer noch in den Sternen, wer sich anschließend

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zur Wahl stellen wird. Für den Bürgermeisterstuhl, welcher zugleich ein „heißer Stuhl“

ist! Wer hat auf diese Art des Miteinanders Lust und kann so arbeiten? Würde es mit

einer Neubesetzung einfacher?

Wer wählt denn einen fleißigen arbeitenden Bürgermeister ab und weiß nicht, wen er

dann bekommt? Ich bin ein Selbstdenker und kreativer Geist und der bleibe ich auch!

Eine Marionette war ich noch nie. Selbstverständlich habe ich großen Respekt vor

Wahlen, demokratischen Prozessen und respektiere Meinungen und Ergebnisse.

Fazit

2018 sollte der neue Bürgermeister parteilos und unabhängig sein. Er ist es

geblieben und nun schauen wir mal, wie lange er noch in seinem Amt bleibt. Ist

Timmendorfer Strand wirklich entwicklungs- und veränderungsfreudig und bereit für

eine moderne Verwaltung?

Derzeit bin ich in Trauer um den schmerzlichen Verlust meines Vaters und auch den

Tod meiner Mutter habe ich noch nicht verwunden. Hinzu kommen derzeit noch

eigene gesundheitliche Probleme, die jedoch zeitnah in den Griff zu bekommen sind.

Sobald ich wieder genesen bin, werde ich die Amtsgeschäfte wieder aufnehmen. Ich

freue mich darauf!

Robert Wagner im Juli 2020“

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